Ihr Kind möchte also Klavier lernen? Das wird Sie als Mutter oder Vater bestimmt freuen. Schließlich trainiert jedes Musikinstrument die Vernetzung der beiden Gehirnhälften, die Feinmotorik, analytische Fähigkeiten und Kreativität – das Klavier tut dies aber in ganz besonderem Maße. Wahrscheinlich sind Sie sich aber auch nicht ganz sicher, wie Sie Ihrem Kind diesen Traum ermöglichen sollen. Schließlich ist ein Klavier ein sehr großes und oft auch teures Instrument, dessen Anschaffung wohlüberlegt sein will.
Vielleicht haben Sie bei Ihrem Kind schon vor längerer Zeit eine musikalische Ader entdeckt oder ihm diese sogar selbst vererbt. Vielleicht ist der Wunsch, Klavier zu lernen aber auch ganz plötzlich gekommen. So oder so ist es nun wichtig, dass Sie Ihr Kind ermutigen und es ihm ermöglichen, sich am Instrument ein wenig auszuprobieren. Glücklich schätzen können sich alle, die Verwandte oder Bekannte mit einem eigenen Klavier haben, an dem sich das Kind nach Lust und Laune austoben und langsam mit dem Instrument vertraut machen kann. Aber auch in einem Musikgeschäft oder sogar in der Musikschule bietet sich oft die Möglichkeit, Ihr Kind ein wenig probieren zu lassen, was ihm liegt und Spaß macht. Und wenn Sie selbst ein Klavier zu Hause haben, kann der Sohn oder die Tochter sogar schon gleich loslegen. Vergewissern Sie sich aber, dass das Instrument auch das richtige für Ihr Kind ist. Ein sehr altes Klavier muss vielleicht erst restauriert und gestimmt, ein Digital-Piano mit der richtigen Ausstattung versehen werden.
Aber auch wenn Sie eigens für Ihr musikbegeistertes Kind ein Instrument kaufen oder mieten, ist es nicht vermeidbar und auch kaum absehbar, dass die erste Begeisterung nach einigen Monaten oder Jahren etwas abflaut. Womöglich merkt Ihr Kind bald, dass ihm das tägliche Üben wenig Freude macht, oder es entwickelt eine Neigung zu einem völlig anderen Instrument! In dem Fall ist der Kauf eines neuen Klaviers natürlich eine enorme Investition gewesen.
Einerseits ist es also wichtig, dass Sie darauf achten, Ihrem Kind ein gutes und solides Klavier zur Verfügung zu stellen – denn ohne ein solches macht auch der beste Klavierunterricht nur wenig Sinn. Andererseits sollte das Instrument natürlich auch leistbar und praktisch in der Handhabung sein. Dieser Ratgeber möchte Ihnen eine Orientierung bieten, wenn es darum geht, beiden Anforderungen gerecht zu werden.
Zuallererst: Akustisch oder digital?
Piano-Puristen werden Ihnen vermutlich sagen, dass nur ein akustisches Klavier ein „echtes“, „ursprüngliches“ Klavier ist – und sie haben nicht völlig unrecht. Der Klang, den die Saite erzeugt, wenn sie von einem der 88 Hämmerchen im Klavier angeschlagen wird, ist elektronisch schwer nachzuahmen, auch wenn es schon seit Langem elektronische Pianos mit ausgezeichneter Klangqualität gibt. Auch das Spielgefühl ist bei einem akustischen Klavier ein anderes: Die Tasten bringen dem Spieler oder der Spielerin einen wahrnehmbaren Widerstand entgegen, der dem bewussten Lernen und Üben sehr förderlich ist. Irgendwo und irgendwann sollte Ihr Kind das Gefühl kennen lernen, auf einem akustischen Klavier zu spielen – aber im Grunde ist es ausreichend, wenn es das in der Musikschule tut und zu Hause am Digital-Piano übt. Es wird sich sehr schnell an die Unterschiede gewöhnen und problemlos „umschalten“ können.
Denn für ein Digital-Piano (oft auch „E-Piano“ genannt) sprechen sehr viel praktische Gründe:
- Es ist im Regelfall deutlich preiswerter als ein akustisches Klavier. Während letzeres neu mindestens 1500 Euro kostet und die Preise bis in den oberen fünfstelligen Bereich gehen, kann man ein Digital-Piano in guter Qualität ab circa 400 Euro erwerben – gebrauchte Instrumente sind natürlich ein wenig günstiger, das gilt für die digitale wie die akustische Variante.
- Es ist leichter zu transportieren und zu bewegen. Vielleicht möchten Sie das Instrument nicht immer im Wohnzimmer stehen haben, aber zu Anlässen wie Weihnachten oder an Geburtstagen ist es natürlich schön, wenn Ihr Kind die ganze Familie am Klavier begleiten kann – und es wird immens stolz sein. Ein Digital-Piano können Sie relativ problemlos vom Kinderzimmer in einen anderen Raum „übersiedeln“, und sehr viele Modelle lassen sich sogar in einem kleineren Auto transportieren.
- Es verfügt über viel mehr technische Möglichkeiten. Ihr Kind wird seinen Spaß daran haben, dass es von einem Sound zum nächsten, vom Cembalo zur Orgel und von da zum Konzertflügel wechseln kann. Ein Digital-Piano lädt kreative Geister nicht zur zum Üben, sondern auch zum Ausprobieren und zum Spielen (im eigentlichen Wortsinn) ein. Sie selbst werden sich mitunter nicht nur an der Klangvielfalt, sondern auch am Kopfhörer-Ausgang freuen. Ihrem Kind ermöglicht das Spielen mit Kopfhörern außerdem das freie, ungestörte Üben nach Lust und Laune, auch am Sonntagmorgen in aller Frühe.
Vor allem diese Gründe lassen viele Eltern zunächst in Richtung Digital-Piano tendieren. Überlegen Sie gut, welche Variante Ihnen lieber ist und beziehen Sie möglichst auch Ihr Kind in die Entscheidung ein.
Lassen Sie sich außerdem gesagt sein, dass heutige Digital-Pianos sowohl den Klang des akustischen Klaviers als auch das Spielgefühl ganz hervorragend nachahmen können und Ihr Kind keinen Nachteil haben wird, wenn es „nur“ am digitalen Klavier übt.
Worauf muss ich beim Kauf eines akustischen Klaviers achten?

Schwieriger ist es bei gebrauchten Klavieren – dazu lesen Sie am besten weiter unten den Abschnitt „Worauf muss ich bei einem gebrauchten Klavier achten?“.
Worauf muss ich beim Kauf eines Digital-Pianos achten?

Für die einfache Handhabung ist es außerdem ratsam, dass das Klavier neben Kopfhörern, einem Sustain-Pedal und einem passenden Klavierhocker nebst -ständer nicht allzu viel Zubehör braucht. Manche Digital-Pianos benötigen zusätzlich einen Verstärker und eigene Lautsprecher – das klingt dann zwar toll, muss aber nur beim Pop-Konzert sein, nicht aber im Kinderzimmer.
Ein Wort zu Kinderklavieren
Das kleine, oft quietschbunte Spielzeugklavier, das manchmal nur über zwei oder drei Dutzend Tasten verfügt, ist genau genommen schon seit dem 19. Jahrhundert häufiger Bestandteil des gut ausgestatteten Kinderzimmers. Um bei den sehr Kleinen (bis etwa Vierjährigen) das Interesse am Instrument zu wecken ist ein Spielzeugklavier eine gute Sache und in jedem Fall sinnvoll.
Aber auch bei den größeren und teureren „Kinderklavieren“ müssen Eltern auf jeden Fall wissen, dass es keine vollwertigen Instrumente sind, sondern eben Spielzeuge.
Wie bei so vielen anderen Dingen ist es bei einem Klavier auch überhaupt nicht nötig, eine kindgerechte Variante zu erwerben. Allerspätestens ab sechs Jahren kommen Kinder mit einem großen Klavier sehr gut zurecht. Darauf, dass die kleinen Hände nicht alle Intervalle greifen können, nehmen KlavierlehrerInnen natürlich Rücksicht. Falls das Kind zu niedrig sitzt, kann durchaus ein besonderern Klavierhocker helfen, der sich hoch genug einstellen lässt. Von Kinderklavieren mit kleineren oder weniger Tasten kann aber zum ernsthaften Lernen nur abgeraten werden.
Und ein Keyboard als Alternative?

Lassen Sie sich nicht davon täuschen, dass viele Pianistinnen und Pianisten auch Keyboard spielen oder beides unterrichten. Nur weil die Instrumente in etwa dieselbe Spieltechnik voraussetzen, sind sie keineswegs miteinander austauschbar. Wenn Ihr Kind klassischen Klavierunterricht bekommt, wird es noch im ersten Lernjahr Originalstücke spielen lernen – und spätestens dann sind die 27 zusätzlichen Tasten nicht mehr überflüssig. Wenn Sie in diesem Fall nur ein Keyboard zu Hause haben, kann Ihr Kind schnell gar nicht mehr richtig üben.
Auch wenn Ihr Kind noch recht klein ist und Schwierigkeiten hat, die ganze Klaviatur zu greifen, muss es doch langsam damit umgehen lernen. Und Sie werden erstaunt sein, wie virtuos selbst Kindergartenkinder am großen Klavier sind, wenn sie die ganze Klaviatur ausprobieren dürfen! Der spielerische Reiz der ganz tiefen und ganz hohen Tasten fällt beim Keyboard weg, ist aber für Kinder sehr wichtig, wenn sie sich das Instrument mit ihren eigenen kleinen Improvisationen aneignen.
Ein Keyboard ist also, ähnlich wie ein Klavier in Kindergröße, ausdrücklich keine Alternative – sofern Ihr Kind klassisches Klavier lernen möchte. Zum Ausprobieren oder spielerischen Selberlernen ist ein Keyboard natürlich wunderbar. Seien Sie sich aber dessen bewusst, dass Sie auf jeden Fall ein Instrument mit der vollen Klaviatur werden kaufen müssen, sobald Ihr Kind Klavierunterricht nimmt.
Worauf muss ich bei einem gebrauchten Klavier achten?

Bei Privatkäufen ist dagegen etwas mehr Vorsicht angebracht, denn natürlich werden auch sehr alte Erbstücke verkauft, die vielleicht schon jahrelang nicht mehr bespielt worden sind und in ihrem jetzigen Zustand eher als Dekor gelten müssen. Grundsätzlich sind akustische Klaviere, auf denen häufig gespielt wurde, in einem viel besseren klanglichen Zustand als solche, die schon lange nur herumstehen.
Wenn Sie ein gebrauchtes akustisches Klavier kaufen möchten, sollten Sie auf jeden Fall ein Gutachten von einem Klavierbauer oder -stimmer einholen. Das wird ein ernst zu nehmender Privatverkäufer auch niemals ablehnen.
Bei einem digitalen Klavier sollten Sie sich zumindest selbst vergewissern, dass alles einwandfrei funktioniert und der Allgemeinzustand des Instruments in Ordnung ist. Von einem reinen Online-Kauf sollten Sie besser absehen.
Bei einem gebrauchten Digital-Piano sollten Sie sich zumindest selbst vom Zustand überzeugen und ausprobieren, ob alle notwendigen Funktionen vorhanden sind und das Instrument keine klanglichen Mängel oder Fehler in der Elektronik hat.
Welche Kosten kommen in Zukunft auch mich zu?
Das hängt natürlich ganz von dem Instrument ab, auf dem Ihr Kind spielt: Bei einem digitalen Klavier wird vielleicht zusätzliche Ausstattung nötig sein. Natürlich können nach längerer Zeit auch Reparaturkosten anfallen, denn wie jedes Elektrogerät kann auch ein E-Piano irgendwann einen Defekt entwickeln.
Bei einem akustischen Klavier müssen Sie damit rechnen, dass etwa einmal jährlich eine professionelle Stimmung nötig ist. Besonders anfällig sind Klaviere, die einer häufig schwankenden oder generell niedrigen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind. Grundsätzlich ist es aber ausreichend, das Klavier einmal jährlich stimmen zu lassen. Dafür fallen pro Sitzung Kosten von etwa 100 Euro an.
Der Beitrag Welches Klavier für Kinder? Ratgeber mit Tipps & Entscheidungshilfe erschien zuerst auf Popkultur.de.